Montag, 12. März 2018

Naturbeobachtung u n d seelische Beobachtung

Er sitzt in der Spitze einer vom Sturm schief gestellten und arg zerflederten hohen Tanne - der Wanderfalke, seit Stunden. Streifen des Mondlichtes zwischen den Wolken lassen seine Augen immer wieder einmal kurz im Dunkeln wie aufblitzen. Nicht eingezogen sein Kopf, sondern aufgerichtet, blicken seine Augen das Ufer des Sees entlang, bewegungslos. Hätte ich ihn nicht selbst anlanden gesehen, ein späterer Beobachter könnte dort wo er jetzt sitzt eine Sturm gebogene Astanomalie sehen.
Da, wie aus dem Nichts schiesst er nach vorne und dann beinahe senkrecht nach unten, nimmt etwas aus dem Ufersand auf und kehrt wieder auf seinen Aussichtspunkt zurück. Ein Schlagen seiner Flügel, ein kurzes kräftiges Hacken mit seinem Schnabel zwischen seine Füsse. Einige Kleinteile fliegen durch die Luft, den Rest verschlingt er beinahe in Sekundenschnelle. Dann wieder Ruhe, als ob nichts geschehen wäre. Die Luft scheint wie geschwängert von seinem Jagd - Greifen.
Der Falke lebt in und durch das Greifen. Sein Gleitflug, wie sein Sturzflug sind fliessende Greifbewegungen. Zentriert in sich ruht er beständig im Zentrum greifender Bewegung. Auch wenn er nur auf einer Astgabel sitzt. Er verfügt in der nachhaltigen Beobachtung über eine schier endlose Ausdauer in Ruhe, wie im Flug. Selbst wenn keine äussere Bewegung mehr an ihm festzustellen ist, ruht er nicht. Auch seine Ruhe ist verdichtete, dynamische Bewegung.
Von daher umfasst er den Begriff Freiheit viel tiefer als beinahe jeder Mensch. Seine greifenden Bewegungen sind fliessende Manifestationen gelebter Freiheit.
Sitzt Du dem Falken in einer echten Falken-Schulung gegenüber und Du kannst irgendwann einmal fliessend seinem Blick standhalten, dann kannst Du bemerken, dass er einzig und allein darauf wartet, dass Du im inneren Durchgang durch seine Augen Deine Freiheit findest.
Wenn die Menschheit überleben will, dann, so meine Sicht, wird sie sich erneut darauf einlassen  müssen diese Kräfte zu entwickeln. Fliessendes Greifen, fliessender Begriffsfluss.




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